2 id=
"ein-radikaler-ansatz-um-deine-persönlichen-daten-zu-schützen">Ein
3 radikaler Ansatz, um deine persönlichen Daten zu schützen
</h1>
4 <p>von Richard Stallmann,
03. April
2018</p>
5 <p><strong>Die uns heutzutage aufgebürdete Überwachung ist schlimmer als
6 die in der Sowjetunion. Wir brauchen Gesetze, die bereits diese Daten-
7 sammelei verhindern.
</strong></p>
8 <p>Journalisten fragen mich, ob die Abscheu gegen den Missbrauch von
10 (https://www.theguardian.com/technology/
2018/mar/
31/big-data-lie-exposed-simply-blaming-facebook-wont-fix-reclaim-private-information)
11 Daten ein Wendepunkt für die Kampagne zur Wiederherstellung der
12 Privatsphäre sein könnte. Dies kann der Fall sein, wenn die
13 Öffentlichkeit die Kampagne breiter und tiefer anlegt.
</p>
14 <p>Breiter im Sinne von alle Überwachungssysteme betreffend, nicht nur
15 [Facebook] (https://www.theguardian.com/technology/facebook). Tiefer im
16 Sinne von Vorantreiben der Regulierung, hin zur Regulierung bereits der
17 Datensammlung, nicht nur der Datennutzung. Weil Überwachung so
18 alldurchdringend ist, ist die Wiederherstellung der Privatsphäre
19 zwangsweise eine großer Veränderung, welche kraftvolle Maßnahmen
21 <p>Die uns heutzutage aufgebürdete Überwachung übersteigt die der
22 Sowjetunion bei weitem. Der Freiheit und Demokratie willen müssen wir
23 sie weitestgehend beseitigen. Datennutzung kann für Bürger auf so viele
24 Weise schädlich sein, dass die sicherste Datenbank nur die ist, die nie
25 angelegt wurde. Daher schlage ich, anstelle der Herangehensweise der
26 Europäischen Union, hauptsächlich die Nutzung persönlich zu regulieren
28 href=
"https://www.eugdpr.org/">Datenschutz-Grundverordnung
</a> oder
29 DSGVO), ein Gesetz vor, das Systeme bereits vom Sammeln persönlicher
31 <p>Der zuverlässige Weg hierzu ist - ohne dass dieser aus einer Laune
32 einer Regierung heraus wieder abgeschafft werden könnte -, die
33 Verpflichtung, Systeme so bauen, so dass sie keine personenbezogenen
34 Daten sammeln. Das grundlegende Prinzip ist, dass ein System so
35 konzipiert sein muss, dass es gewisse Daten nicht erhebt, sofern es
36 seine grundlegende Funktion auch ohne jene Daten erfüllen kann.
</p>
37 <p>Reisedaten - d.h., wer wohin reist - sind besonders sesibel, da sie
38 eine ideale Grundlage zur Unterdrückung eines jeden Ziels bieten. Als
39 Fallstudie können Londons Züge und Busse dienen.
</p>
40 <p>Die digitale Bezahlkarte für „Transport of London“ speichert zentral
41 alle Reisen, die mit einer „Oyster-Card“ oder einer Bankkarte bezahlt
42 wurden. Wenn ein Reisender die Karte digital auflädt, verknüpft das
43 System die Karte mit der Identität des Reisenden. Dies führt zu einer
45 <p>Ich kann mir vorstellen, dass die Verkehrsbetriebe diese Praxis mit
46 den Vorgaben der DSGVO rechtfertigen können. Im Gegensatz hierzu sollte
47 nach meinem Vorschlag das System aufhören zu tracken, wer wohin geht.
48 Die grundlegende Funktion der Karte ist das Bezahlen für die
49 Beförderung. Dies kann geschehen, ohne dass die Daten zentralisiert
50 werden müssen, also müsste das System aufhören, dies zu tun. Wenn es
51 digitale Bezahlung akzeptiert, sollte es dies durch ein anyonmes
53 <p>Schnickschnack, wie z.B. die Möglichkeit, einem Reisenden einen
54 Überblick über seine vergangenen Reisen zu bieten, ist nicht Teil der
55 grundlegenden Funktion, so dass damit der Einbau zusätzlicher
56 Überwachung nicht zu rechtfertigen ist.
</p>
57 <p>Diese zusätzlichen Dienstleistungen könnten separat denjenigen
58 Nutzern zur Verfügung gestellt werden, die sie ausdrücklich wünschen.
59 Besser noch, Nutzer könnten ihre eigenen, persönlichen Systeme nutzen,
60 um ihre Reisen unter Wahrung ihrer Privatsphäre aufzuzeichnen.
</p>
61 <p>Schwarze Taxis beweisen, dass ein System zum Mieten von Taxis seine
62 Passagiere nicht identizifieren können muss. Daher sollte es solchen
63 Systemen auch nicht erlaubt sein, Passagiere zu identifizieren; sie
64 sollten gezwungen sein, die Privatsphäre schützende Barzahlungen von
65 Passagieren anzunehmen, ohne die Passagiere zu identifizieren.
</p>
66 <p>Allerdings können auch bequeme digitale Bezahlsystem die Anonymität
67 und Privatsphäre von Passagieren schützen. Wir haben bereits eines
68 entwickelt:
<a href=
"https://taler.net/de/">GNU Taler
</a>. Es ist so
69 konzipiert, dass es für den Bezahler anonym ist, die Zahlungsempfänger
70 jedoch stets identifiziert werden. Wir haben es deshalb so konzipiert,
71 um Steuervermeidung keinen Vorschub zu leisten. Alle digitalen
72 Bezahlsystem sollten gezwungen sein, die Anonymität auf diese oder
73 vergleichbare Weise zu verteidigen.
</p>
74 <p>Was ist mit Sicherheit? Solche Systeme in der Öffentlichkeit müssen
75 so konzipiert sein, dass sie Leute nicht nachverfolgen können.
76 Videokameras sollten lokale Aufzeichnungen erstellen, die innerhalb der
77 folgenden Wochen ausgewertet werden können, falls ein Verbrechen
78 geschieht, aber sollten keinen Live-Fernzugriff ohne physische
79 Speicherung zulassen. Biometrische Systeme sollten so konzipiert sein,
80 dass sie nur Personen gemäß einer gerichtlich angeordneten
81 Fahndungsliste erkennen können, um die Privatsphäre der restlichen
82 Bürger zu schützen. Ein Unrechtsstaat ist gefährlicher als Terrorismus,
83 und ein Übermaß an Sicherheit leistet einem Unrechtsstaat Vorschub.
</p>
84 <p>Die DSGVO-Vorgaben der Europäischen Union sind gut gemeint, aber
85 gehen nicht sehr weit. Die DSGVO wird nicht viel Privatsphäre bringen,
86 weil ihre Regeln zu lax sind. Sie erlauben die Sammlung beliebiger
87 Daten, sofern sie dem System irgendwie dienlich sind, und es ist leicht,
88 beliebige Daten als irgendwie nützlich erscheinen zu lassen.
</p>
89 <p>Die DSGVO betont, dass Nutzer (in manchen Fällen) ihre Zustimmung zur
90 Sammlung ihrer Daten geben müssen, was aber nicht viel nützt.
91 Systemdesigner sind Experten darin geworden, „Konsens herzustellen“ (um
92 Noam Chomskys Phrase in diesem Kontext zu verwenden). Die meisten Nutzer
93 willigen in die Nutzungsbedingungen einer Webseite ein, ohne sie zu
94 lesen; ein Unternehmen, das die Nutzer dazu [verpflichtete]
95 (https://www.theguardian.com/technology/
2014/sep/
29/londoners-wi-fi-security-herod-clause),
96 ihr Erstgeborenes wegzugeben, hatte viele Einwilligungen erhalten.
97 Schließlich ignorieren Nutzer die Nutzungsbedingungen heutiger,
98 notwendiger Dienstleistungen (Systeme) wie z.B. von Bussen und Zügen,
99 weil eine Weigerung zur Einwilligung wohl unanehmliche Folgen hätte.
</p>
100 <p>Um Privatsphäre wiederherzustellen, müssen wir Überwachung bereits
101 stoppen, bevor sie uns nach Einwilligung fragt.
</p>
102 <p>Vergiss zuletzt nicht die Software auf deinem eigenen Rechner. Wenn
103 es unfreie Software von Apple, Google oder Microsoft ist,
<a
104 href=
"http://www.gnu.org/proprietary/proprietary.de.html">späht sie dich
105 regelmäßig aus
</a>. Dies rührt daher, dass die Software von einem
106 Unternehmen gesteuert wird, das dich ohne zu zögern ausspionieren wird.
107 Unternehmen neigen dazu, ihre Skrupel abzulegen, sofern es dem Profit
108 dient. Im Gegensatz dazu wird freie (libre) Software von
<a
109 href=
"https://www.gnu.org/philosophy/free-software-even-more-important.de.html">ihren
110 Nutzen kontrolliert
</a>. Die Nutzergemeinschaft bewahrt die Ehrlichkeit
112 <p>Richard Stallman ist Präsident der Free Software Foundation, die die
113 Entwicklung des freien / libre Betriebssystem GNU ins Leben gerufen
115 <p>Copyright
2018 Richard Stallman. Veröffentlich unter der
<a
116 href=
"https://creativecommons.org/licenses/by-nd/4.0/">Creative Commons
117 Attribution NoDerivatives Lizenz
4.0</a>. Die ursprüngliche englische
118 Version erschien im
<a
119 href=
"https://www.theguardian.com/commentisfree/2018/apr/03/facebook-abusing-data-law-privacy-big-tech-surveillance">Guardian
</a>
120 am
03. April
2018.
</p>